Nachdem ich mich Anfang 2019 leider von meiner großen Motorradliebe, der TR1 verabschieden musste wollte ich natürlich nicht aufs Motorradfahren verzichten. Mein sechzigster Geburtstag stand bevor, die Garage war leer und mein Plan stand fest. Eine gute Gebrauchte sollte es sein, möglichst Chopper oder fetter Tourer. Also bei Mobile de mal ein wenig gestöbert, auch die Meinungen anderer eingeholt und feste ausgesiebt. Die Harleys die mir gefielen wurden zu Mondpreisen angeboten, neuere Modell gefielen mir nicht. Schlussendlich blieben zwei Motorräder über, die mir gefielen und die auch meinen Kriterien entsprachen.
Es waren die Suzuki Intruder 1400 , die 800er sieht bei mir aus wie ein Mofa. Als zweites gefiel mir die Kawasaki VN1500 Vulcan, ein Trümmer von Motorrad , aber irgendwie schön. Da mein Schatz dann zwischendurch auch Ihre Meinung geändert hatte und ab und zu mal mitfahren wollte, sollte Reisetauglichkeit gegeben sein. Hätte ich mal nicht auf Sie gehört. Aber dazu später.
Wieder wurde Mobile de befragt und schnell waren ein paar Angebote beider Motorräder gefunden. Die von mir angeschauten, meinem Budget ensprechenden Intruder hatten oft sehr viel gelaufen, waren auch mangelnder Pflege nicht besonders schön und meistens aus Einsitzer umgebaut. Natürlich gab es auch originale Intruder, aber vor allem der unbequeme Sozius konnte mich nicht überzeugen. Zwischdurch war ich auch mal bei einem Händler in der Nähe wo ich mir verschiedene Motorräder anschauen konnte, unter anderem die VN1500. Nur stimmte hier der Preis wieder nicht.
Den ganzen Januar waren wir Samstags ergebnislos unterwegs , um eine passende Vulcan zu finden. Die meisten waren schon optisch ok, aber hatten dann technische Mängel. Oder gefielen mir enfach nicht. Anfang Februar fiel meiner Frau dann bei Mobile eine schlecht gemachte Verkaufsanzeige ins Auge , die ich schon abgehakt hatte. Also Am Sonntag Abend da nochmal kurz angerufen. Ja das Motorrad sei noch zu haben, aber reserviert. Shit happens, weitersuchen. Am nächsten Tag, Rosenmontag 2019 war der Verkäufer wieder am Telefon, ob ich noch Interesse hätte. Klar, sofort Besichtigung am gleichen Abend ausgemacht und im Schneetreiben nach Wermelskirchen gefahren.
Als dort nach kurzer Begrüßung das Scheunentor geöffnet wurde, war es für mich mit der Suche vorbei. Dieser gewaltige Arsch , der blitzende Chrom und die wunderschöne Oldschool Lackierung haben mich überwältigt. Ich war schockverliebt. Das Mopped wollte ich haben. Probesitzen auf dem riesigen Fahrersitz und dem breiten Hollywood Lenker waren nur noch zweitrangig, endgültig überzeugt hat mich dann der Klang aus der Silvertail Auspuffanlage. Ein bollerndes, dumpfes Grollen aus den 2 Rohren….. ich konnte nicht anders. Gekauft. 4500 Euro wurden ausgemacht fürs Motorrad incl. jeder Menge Zubehör.
Nachdem das Wetter im Februar doch noch sehr winterlich wurde, konnte ich die Vulcan dann Anfang März endlich abholen. Bei 4 Grad und nichts gutes verheissendem Himmel konnte ich sie dann das erste fahren. Schon ungewohnt das laute Krachen beim Einlegen des ersten Ganges, die Behäbigkeit beim Beschleunigen und der gewaltige Wendekreis. Sehr gewöhnungsbedürftig aber fahrbar. Dank des Windschildes war auch die Fahrt über die Autobahn bei diesen Temperaturen noch erträglich. So stand dann Brunhilde, so hatte ich die Vulcan getauft nachmittags in meiner Garage.
Jeder Motorradfahrer wird das nachvollziehen können, das warten auf ordentliches Wetter. Kälte macht mir nicht viel aus, aber trocken sollte es schon sein. Und so konnte ich dann erst mitte März wieder fahren, es ging ins Münsterland. Gemütlich tuckerte ich erstmal richtung Norden, erstmal an 520 Kg vollgetankt mit Fahrer gewöhnen. Und dabei fiel mir schon auf, das mein Bauch und der breite , extrem nach hinten gezogene Lenker nicht zu Freunden werden. Die kleinen Kreisverkehre im Münsterland, der lange Radstand und der breite Schubkarrenlenker passten irgendwie nicht zusammen. So What, alles Gewöhnungssache versuchte ich mir einzureden. Dann die erste Fahrt mit Sozia,das war dann schon grenzwertig, Strecken die mit der TR1 leicht und locker gefahren wurden, waren mit Brunhilde ein Krampf. Nicht nur das hohe Gewicht, auch die eher schlechten Bremsen machten das Fahren mit Brunhilde zur Qual. Das Mopped lief wie ein Hafenschlepper auf Speed, wie ein Lanz Bulldog auf Drogen. Meine Begeistrung war schon auf ein sehr geringes Maß geschrumpft , als meine Frau beschloß wieder ein eigenes Motorrad haben zu wollen.
Parallel dazu hatte ich den Besitzer von Choppers World auf dem Bobbertreffen in Bergkamen getroffen, der mir anbot, für schmales Geld einen anderen Lenker zu montieren. Gesagt, getan…Auftrag wurde erteilt und ich bekam ein völlig anderes Motorrad zurück. Mit dem 30cm Ape fuhr sich die Vulcan völlig anders, deutlich leichtfüssiger und kurvenwilliger. So konnten wir den geplanten Kurzurlaub an meinem sechzigsten Geburtstag doch auf 2 Rädern angehen. Bei suboptimalem Wetter, es war kühl und feucht , fuhren wir zur Nordsee. Drei Tage wurde gefahren, gefroren und nasses Leder wieder getrocknet. Am Rückreisetag dann der Schreck , der Griff in die Kupplung fühle sich irgendwie anders an. Und noch 300km zu fahren, ich ahnte Böses für den Tag. Nun gut, schalten konnte ich noch und wir machten uns auf den Weg. 300km mit immer weiter nachlassender Kupplung, Regen, Sturm …. mit jedem Kilometer habe ich schlechtere Laune bekommen. Nun gut, nach etlichen Stunden waren wir dann in Nordkirchen. Schnell noch einen Kaffee und dann die letzten 25km nach Hause !
Denkste, Brunhildes Kupplung war nun endgültig am Arsch. Nix ging mehr. Also ADAC angerufen und die letzten Kilometer auf dem LKW zurückgelegt. Und am nächsten Tag began der Frust. Ersatzteile für eine 20 Jahre alte Kawasaki ? Hohnvolles Gelächter bei den angerufenen Händlern. Ich hätte kotzen können. Es war doch nur der Kupplungsnehmer kaputt , sonst nix. Zufällig verkaufte im Vulcan Forum gerade jemand die Reste seines Moppeds, also gleich zugeschlagen. Dann bei Ebay noch ein Reparaturkit gefunden und gleich bestellt. Rest war schnell erledigt, nach einer Woche funktionierte Brunhilde wieder. Aber meine Zweifel wuchsen.
Bevor es ans Schimpfen geht, wir sind etliche Touren gefahren, waren wirklich oft mit den Moppeds unterwegs. Pokerrun , 1000 Wikinger Treffen , Besuche bei Clubs in der näheren und weiteren Umgebung… insgesamt fast 8000km sind schon zusammengekommen.
Das Kunstoff Ölpumpenzahnrad war im Juni bereits gegen eins aus Metall getauscht worden, Bremsbeläge waren getauscht , neuer Hinterreifen drauf…. aber Vertrauen ins Mopped geht anders. Der Motor gab mechanische Geräusche von sich, als wenn er mit einer Granulatmühle verwandt wäre, bei etwas höheren Temperaturen fingen die Zylinderköpfe an zu schwitzen und die hydraulischen Ventilstößel tickerten dazu. Also mal bei Kawasaki nachgefragt, was denn so eine Motorrevision kosten würde. Antwort : „ab 2000 Euro plus Teile, wenn es die noch gibt“ . Ich bin selten sprachlos, aber da war ich das. Und in dem Moment zerbrach die Liebe entgültig, ich fing an mich nach einer 1400er Trude umzuschauen.
Ja, was soll ich sagen…es kam der Tag im Oktober an dem meine Frau mir eröffnete, das sie in der nächsten Saison gerne Harley fahren würde. So endete die Episode Kawasaki 1500 Classic Vulcan nach fast genau einem Jahr mit dem Verkauf. Und die Harley Ära begann , nicht nur für meine Frau
Wow, eine bildschöne Maschine, Kompliment!
Das ist eine faszinierende Geschichte voller Leidenschaft für Motorräder und Abenteuer! Die Suche nach der perfekten Maschine, die Emotionen beim ersten Anblick deiner neuen Vulcan und die Erlebnisse auf Touren – all das zeugt von einer tiefen Verbundenheit zur Motorradkultur. Selbst in schwierigen Momenten, wie dem Kupplungsausfall, hast du nicht aufgegeben, sondern das Problem entschlossen angegangen.